85. GeburtstagHartwig Ebersbach: Drei Ausstellungen würdigen den Maler der Leipziger Schule
Hartwig Ebersbach gehört zu den prägendsten Malern der Leipziger Schule. Geboren am 17. Mai 1940 in Zwickau, studierte er an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst bei Bernhard Heisig. Mit seinen expressiven Gemälden sorgte er bald für Furore in der deutsch-deutschen Kunstlandschaft. Zu seinem 85. Geburtstag gibt es jetzt gleich drei Ausstellungen von ihm zu sehen. In Leipzig in der Galerie Jochen Hempel, in der Kunsthalle Dessau und in der Kunsthalle Talstraße in Halle.
- Eine Konstante in Hartwig Ebersbachs künstlerischem Schaffen ist die Figur des Kaspar.
- In einer retrospektiven Ausstellung in Halle widmet sich die Kunsthalle Talstraße dem Leipziger Künstler.
- Neue Werke von Ebersbach sind außerdem in der Leipziger Galerie Jochen Hempel zu sehen.
Ganz am Anfang des langen Künstlerlebens von Hartwig Ebersbach steht eine mythische Figur. Es ist sein Patenonkel Herrmann, der bereits eine Woche nach Ebersbachs Geburt im Zweiten Weltkrieg gefallen ist. Doch von diesem früh verstorbenen Onkel hat er dann einen kostbaren Schatz geerbt. Und das waren selbstgeschnitzte Kaspar-Puppen, die das Kind sofort faszinierten.
Hartwig Ebersbach und seine Kaspar-Figuren
Und so ist die Figur des Kaspar mit einem Mal in sein Leben getreten. Ebersbach erzählt, er habe den Kaspar zum Alter Ego entwickelt, der ihn durch sein ganzes Leben begleitet habe: "Ich habe ihn gebraucht – in DDR-Zeiten als Schutzpatron, aber er war auch als Rollenspieler, als Traumdeuter nötig."
Entstanden ist im Kontext des Kaspar als Alter Ego beispielsweise die berühmte fünfteilige Bilderfolge aus dem Jahr 1973, "Kaspar – Abwicklung eines Porträts". Denn dort hat er in die Physiognomie des Puppenkopfs die eigenen Gesichtszüge eingeschrieben.
Die Figur des Kaspar erlebt viele Metamorphosen. Und im Jahr 2000 kommt es dann zu einer Neuerfindung des malerischen Vokabulars. Kaspar erscheint mit einem Mal wie nach einem Befreiungsakt vor weißem Grund. So ergibt sich der Kontrast von unbemalter Leinwand und dick aufgetragenen Farbklumpen – und dieser wilde Gestus, der erinnert durchaus auch an einen brachialen Pointillismus.
Halle: Restrospektive mit Werken von DDR bis heute
In Halle kann man diese Arbeiten ebenso erleben wie auch die jüngsten Verwandlungen der Kaspar-Figur, bis hin zur grandiosen Inszenierung seines Tods. "Kaspar Tod", so heißt die raumgreifende Installation in der Kunsthalle Talstraße, die wilde Malerei und rohe Skulptur miteinander vereint.
Man sieht gemalte Köpfe, die wie von einem hölzernen Arm herabhängen – flankiert von großformatigen Gemälden, die Rücken an Rücken im Museumsraum stehen. Und da begegnet man auch den zwei Gesichtern der Kaspar-Figur.
Eines benennt Ebersbach als Ritter. "Der zweite ist der Tod, und der ist nur noch im Schatten, als Schein". Der Tod im Arbeitsmoment ist eine furiose Collage aus expressiv bemalten Leinwänden, die sich sprichwörtlich im Raum querstellen.
Leipzig: Neue Werke durch Zerstören
Diese Lust am Experiment zeigt sich auch bei einer neuen Werkgruppe, die in der Leipziger Galerie Jochen Hempel zu sehen ist. Hier geht es nicht um das Zusammenfügen von Bildfragmenten zu einer Skulptur, sondern hier geht es darum, bereits vorhandene Gemälde zum Verschwinden zu bringen.
Denn auf radikale Weise setzt der Künstler hier das Messer an und schneidet die bemalte Leinwand aus dem Rahmen. "Nur am Keilrahmen ist noch ein Rest-Bild zu erkennen ringsum. Man guckt das an und hat nur noch den Schatten vor Augen als einzigen Bildinhalt", beschreibt Ebersbach diese neuen Werke. Er betont, dass die Arbeit ernst gemeint sei und er zunächst Hemmungen gehabt habe. Er habe sich mit dieser völlig neuen Form von Radikalität abgefunden.
Wer sich die neuen Arbeiten von Hartwig Ebersbach anschaut, kann den Eindruck gewinnen, dass hier immer noch ein junger Wilder am Start ist. Und so kündet die Schau von einem künstlerischen Abenteuer, das auch mit 85 Jahren noch lange nicht zu Ende ist.
Redaktionelle Bearbeitung: hro, lig
Informationen zu den Ausstellungen
Versuch einer Deutung. Hartwig Ebersbach. Eine Retrospektive
10. Mai bis 31. August 2025
Kunsthalle Talstraße
Talstraße 23
06120 Halle (Saale)
Öffnungszeiten:
Mittwoch und Freitag 13 bis 17 Uhr
Donnerstag 13 bis 19 Uhr
Samstag, Sonntag und Feiertage 11 bis 17 Uhr
Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 6 Euro
Hartwig Ebersbach
3. Mai bis 6. Juni 2025
Galerie Jochen Hempel
Spinnereistraße 7
04179 Leipzig
Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Freitag 11 bis 17 Uhr
Samstag 11 bis 16 Uhr
Hartwig Ebersbach – Aus den Seiten einer Fibel
9. Mai bis 28. Juni 2025
Kunsthalle Dessau
Ratsgasse/Hobuschgasse 5
06844 Dessau
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr
Eintritt: 3 Euro, freier Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 09. Mai 2025 | 12:15 Uhr